Ziegelkultur

Kärntner Ziegeleien, Ziegelzeichen und Ziegelstempel

Kurze Geschichte des Ziegels

Um 7500-7000 v. Chr. erste luftgetrocknete Ziegel in Südanatolien und Palästina; um 4000 v. Chr. hart gebrannte Ziegel in Mesopotamien und Kreta, luftgetrocknete Ziegel in Ägypten (Grab des Menes); 1450 v. Chr. gebrannte Ziegel in Ägypten (Wandmalereien im Grab des Wesirs Rekhmire) und Nachweise zur Zeit Ramses II. (1298-1232 v. Chr.); 2300 v. Chr. erster Nachweis von Dachziegeln in Griechenland; 750 v. Chr. etruskische Dachziegel; ab 80 n. Chr. Militärziegeleien der römischen Legionen, auch in den Alpenländern (Mauerziegel: later, Dachziegel: imbrex u. tegula, Hypokaustziegel: tubulus); während der bewegten Zeiten der Völkerwanderung geriet der Ziegel so gut wie in Vergessenheit; erst ab dem frühen Mittelalter gibt es wieder erste Ziegelnachweise; Hochblüte während der Gotik für profane und sakrale Bauten; in Österreich ab dem 17. Jahrhundert nach den Türkenbelagerungen größerer Bedarf an Ziegel; erste Gesetze zur Ziegelherstellung, 1715 kaiserliches Patent zur Regelung der Größe, Qualität und Preis; im 19. Jahrhundert Umstellung vom Kleinbetrieb im Handschlagverfahren (Feldziegelöfen von Grundherrschaften, Klöstern und Stiften oder als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb) zur industriellen Ziegelherstellung durch die Erfindung wichtiger technischer Einrichtungen (Schlickeysen’sche Schneckenpresse, Hoffmann’scher Ringofen, etc.); die heutige Ziegelproduktion ist vollautomatisiert und läuft vielfach computergesteuert ab.

 

1. Ziegelstempel – Ziegelzeichen

Ursprünglich wurden Ziegel mittels Ziegelstempel, die in den noch weichen und feuchten Lehm eingedrückt wurden, markiert. Die ältesten Nachweise stammen aus Mesopotamien (ca. 2300-2050 v. Chr.) und auch die römischen Legions- und Zivilziegeleien bedienten sich solcher Ziegelstempel. Erst durch die maschinelle Ziegelherstellung mittels moderner Strangpressen kam es Mitte des 20. Jahrhunderts wieder zur Verwendung sog. Rollstempel mit dem Werkzeichen der jeweiligen Ziegelei. Ziegelzeichen dienten ursprünglich der Kennzeichnung, später dann der Qualitätskontrolle und wurden durch obrigkeitliche Verordnungen (z. B. von Kaiser Karl VI. von 1715) und Erlässe vorgeschrieben. Dabei wurden diese in den Boden der seit der Renaissance üblichen hölzernen Kastenmodeln eingeschnitten oder eingesetzt, was im ersten Fall ein erhabenes, im zweiten ein vertieftes Zeichen auf dem Ziegel ergab. In den neueren Modeln aus Gusseisen waren die Zeichen bereits bei deren Herstellung eingefügt.

 

Liste der aus Kärnten bekannten Ziegelzeichen

 

2. Ziegeleien

Ziegel aus Ton, ob luftgetrocknet oder gebrannt, begleiten in all ihren vielfältigen Erscheinungsformen und Typen die Menschheit durch deren Entwicklungsgeschichte seit vielen Jahrtausenden als wichtiges Baumaterial und in weiterer Folge als wertvolles, jedoch bis heute oft nicht seiner großen Bedeutung entsprechend eingeschätztes Kulturgut, das es wert ist, hinsichtlich seines historischen Werdeganges, seiner Bedeutung für die verschiedensten Forschungsrichtungen, aber auch seiner Erzeugungsstätten und der verwendeten Rohstoffe, näher untersucht zu werden.

So zeigt sich gerade Kärnten im Vergleich zu anderen Bundesländern, wie etwa Wien, Nieder- und Oberösterreich und Steiermark, wo schon gründliche ziegel- und ziegeleigeschichtliche Untersuchungen und Veröffentlichungen, aber auch museal aufbereitete Studien- und Schausammlungen von Ziegeln vorliegen (z. B. Wiener Ziegelmuseum oder Ziegelsammlung des Landschaftsmuseums Trautenfels), diesbezüglich nur ungenügend erforscht und dokumentiert. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit mit ihren oft unbedachten, meist gewinnorientierten und zerstörerischen Eingriffen in die alte Bausubstanz, sei es im städtischen oder ländlichen Bereich, ist bedauerlicherweise schon sehr viel wertvolles Forschungsmaterial für immer verloren gegangen und es besteht nun hier dringender Handlungsbedarf, noch Vorhandenes zum Thema Ziegel und Ziegeleien in letzter Minute zu bergen, wissenschaftlich und publizistisch zu bearbeiten. Auch wären historische Ziegel durchaus ein wirtschaftlich interessanter Nebenbereich der Bauwirtschaft, besonders hinsichtlich der Restaurierung historischer Bauwerke, wie Beispiele aus Deutschland, wo es bereits Baumärkte für historische Baumaterialien gibt, zeigen.

 

3. Derzeitige Situation der Ziegel- und Ziegeleiforschung in Kärnten:

In den Kärntner Bibliografien und der einschlägigen Literatur wird man bis auf wenige verstreute Hinweise kaum konkretere Angaben über Ziegel, Ziegeleien und deren Geschichte finden. Auch in Veröffentlichungen über hiesige Baukultur und Architektur wird man vergeblich nach solchen suchen. Die wichtigste Zusammenfassung des bisher Bekannten über Kärntner Ziegeleien (zum Großteil aus dem 19. und 20. Jahrhundert) stammt von DINKLAGE (1953 und mit einer Ergänzung 1976), weitere unveröffentlichte Auflistungen wurden uns von Dr. G. Zsutty vom Wiener Ziegelmuseum und von H. Ottowitz (Dornbirn) zur Verfügung gestellt. So gab es noch 1890 nicht weniger als 75 gewerbliche Ziegeleien (abgesehen von den zahlreichen bäuerlichen Ziegelbränden) im Lande, von denen heute fast nichts mehr zu sehen ist. Nur als Industriedenkmal ersten Ranges steht noch der einzige Ringofen der Ziegelei Max Wandelnig in Eberdorf bei Althofen und das Ziegelwerk Brenner der Familie Wirth in Schönweg bei St. Andrä i. L. zählt zu den modernsten Betrieben dieser Art.

Ausgehend von diesem Datenmaterial sind nun weiterführende, allerdings zeitintensive Archivarbeiten und Geländerecherchen im Gange, um auch die mittelalterliche und neuzeitliche Ziegeleigeschichte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts darzustellen.

 

Neuigkeiten aus der Kärntner Ziegelei- und Ziegelforschung

Von Gerfried Horand Leute & Andreas Kleewein

Der relativ junge Forschungszweig der Kärntner Ziegelei- und Ziegelkunde, ein Novum in unserem Bundesland, hat innerhalb von nur drei Jahren dank der Mitarbeit mehrerer engagierter Persönlichkeiten erfreulicherweise schon beachtliche Ergebnisse hervor gebracht. So konnte mit Hilfe des wissenschaftlichen Leiters des Wiener Ziegelmuseums, Dr. Gerhard Zsutty, der in dankenswerter Weise Auszüge aus seinem Archiv zur Verfügung stellte und von Herrn Joachim Eichert vom Kärntner Landesarchiv ein umfangreiches Datenmaterial zur Geschichte der zahlreichen Kärntner Ziegeleien und Ziegel zusammengetragen werden.

Besonders erfolgreich verlief bisher die laufende Aufsammlung von Originalziegeln für den Aufbau einer ersten Kärntner Studiensammlung historischer Ziegel am Landwirtschaftsmuseum Ehrental in Klagenfurt, wofür allen daran beteiligten freiwilligen Helfern, besonders aber der Familie Ingeborg und Dieter Müllner großer Dank gebührt. Durch diese nicht immer leichte Geländearbeit bei Abbruchobjekten, auf Bauschuttdeponien, Industrieruinen, aber auch durch Kontaktnahme mit Besitzern von Gebäuden, bei denen noch gebrannte Lehmziegel verwendet wurden, war es erst möglich, die im Jahre 2007 durch Herrn Direktor Dr. Heimo Schinnerl eröffnete Sonderausstellung „Aus guetem Lehm gebrannt – Ziegel, Ziegelzeichen und Stadelgitter aus Kärnten“ in den Kulturfenstern des Landwirtschaftsmuseums Ehrental in die Tat umzusetzen. Auch ihm sei für sein Entgegenkommen in allen Ziegelfragen und vor allem für die Bereitschaft, die Studiensammlung in seinem Museum aufzunehmen, aufrichtig gedankt!

Wie umfangreich und oft beschwerlich die dazu nötigen Vorarbeiten, wie das Reinigen, Fotografieren und Inventarisieren der Ziegel für alle aktiven Mithelfer sind, die ehrenamtlich einen Großteil ihrer Freizeit dafür einsetzen, sei hier randlich erwähnt und besonders bedankt.

Abgesehen vom wissenschaftlichen Aspekt sind inzwischen historische Ziegel, sowohl Mauer-, als auch Dach- und Sonderziegel, international zu einem sammlerisch wertvollen Kulturobjekt geworden und auch in Kärnten befassen sich schon mehrere Liebhaber und Sammler mit diesem faszinierenden Thema. Für einen raschen Überblick über die bisher dokumentierten Kärntner Ziegelzeichen und Ziegeleien dienen die folgenden zwei Auflistungen, die laufend mit den neuesten Ergebnissen ergänzt werden: